Biosphere2 – Self-Guided Tour

2/2022

University of Arizona Biosphere 2 | 32540 S Biosphere Rd | Oracle, AZ 85623

Die Besichtigung von Biosphere II ist eine Self-Guided Tour (25$/Person).

Bei Anmeldung wird man auf die App hingewiesen, die man sich herunterladen sollte und die gut und systematisch durch die Tour führt.

Ein guter Startpunkt für diese Tour ist der Catalina Statepark, der gerade einmal 28 Kilometer entfernt liegt.

Von außen kommend hatten wir gleich einen guten Überblick: ein futuristisch wirkendes Zentralgebäude, mehrere sehr große Hallen mit speziellen gasdichten Fenstern,

außen herum Infrastruktur für Energie, Wasserversorgung und die Lungen- Kuppelbauten mit großen, innen liegenden Diaphragmen, um Druckschwankungen durch Tag-Nacht-Temperaturunterschiede im abgeschlossenen System ausgleichen zu können.

Insgesamt erster Eindruck: beeindruckend, ja ästhetisch, passend zum damals sehr neuen Systemgedanken der Gründer.

Man betritt den Innenraum durch genau die Pforte, die im ersten Isolationsexperiment 1992, nachdem die 8 Biospherians das System betreten hatten, medienwirksam für ca. 2 Jahre verschlossen wurde.

Daran schließt sich der Wohn- und Arbeitsbereich an, mit einer hochmodern ausgestatteten Gemeinschaftsküche, den einzelnen Wohnbereichen und einem Komplex mit Labor und Werkstätten, besonders beeindruckend die Bibliothek im Turmbereich der Anlage mit toller Rundumsicht – soll aber wenig benutzt worden sein, weil zu aufgeheizt.

Daran schließt sich das Intensive Agriculture Area an, dort erzielten die Bewohner weltrekord-verdächtige Ernteerträge, ganz ohne Kunstdünger, sicherlich ein Einstieg in grünere Produktionsmethoden. Das wird kurz erwähnt, zu sehen gibt es davon nichts mehr.

Im ersten Jahr hatten alle Biospherians ununterbrochen Hunger, nach 2 Jahren hatte jeder im Schnitt 16% Körpergewicht verloren. Medizinische Checks ergaben, dass alle topgesund aus der Isolation herauskamen, der lebensverlängernde Einfluss kalorienarmer, fleischloser Ernährung ist heute bekannt und breit akzeptiert. Mein Hauptproblem, wenn ich denn ein Biospherian würde: Kaffee war sehr knapp (musste ja auch selber gezogen werden), es gab nur alle 2 Wochen eine Tasse pro Kopf.

Man geht durch miteinander durch Laufgänge verbundenen Gewächshäuser, darin sind verschiedene Klima- bzw. Vegetationszonen nachgebildet: Wüste, Marshland, Savanne, Mangroven und Regenwald.

Außerdem gibt es einen künstlichen Ozean mit 2,6 Millionen Liter Salzwasser inklusive Korallenriff.

Die self-guided Tour wird von Informationen und Filmsequenzen angeleitet, dazu findet eine spezielle App der Universität von Arizona Verwendung, die man sich vorher runterlädt und die an durchnummerierten Stationen Erklärungen liefert. Der Biosphere2 Komplex ist seit 2011 vollständig im Besitz der Universität von Arizona; in der App wird die mitunter sehr bewegte Vorgeschichte der Anlage mit keinem Wort erwähnt. Wobei das nicht Gesagte vergleichbar interessant ist, wie die vielen Detailinformationen über laufende Projekte in der App.

Biosphere2 sollte zum Verstehen im Sinne des neuen Begriffes als „Ecosystem“ (damals neu erfunden von John Allen als Kristallisationskeim) von Biosphere1 – der Erde selber – entscheidend beitragen. Das war die große ursprüngliche Idee, diese hatte etwas von NewAge Gegenkultur und war weit weg vom damaligen wissenschaftlichen Mainstream, beides hat ihr viel Gegenwind – gerade von der Yellow Press – beschert. Die von J. Allen gegründete Synergia Group bildete mit dem Ölmilliadär Ed Bas ein Joint Venture (250 Mio $ als Kapital), kaufte 1984 das Gelände und nach anfänglichen kleinen Experimenten mit Testmodulen begann man mit dem Bau von Biosphere2 und stellte es 1991 fertig. Als Verwendung dachte man dabei an Space Exploration und an erdbasierte Ecology, eine produktive Kombination.

Nach der Fertigstellung gab es zwei Experimente, die Biosphere2 als großes Vivarium mit Menschen drin einsetzen wollten. 1992-1994 lebten 8 Biospherians in dem abgeschlossenen System. Natürlich gab es Probleme:

Die Sonnenausbeute war nur 50% der Planung, Kondensation und Algenwachstum machten die Fenster weniger durchlässig als  erwartet, damit war die landwirtschaftliche Ausbeute auch kleiner, Nahrungsmangel die Folge

Sauerstoffverluste: die Verlustrate von 10% pro Jahr aus der Spezifikation der Fenster war eingerechnet, doch durch Bakterien im Boden fiel der Sauerstoffgehalt der Atemluft am Ende auf ca.14%, so dass man – in Abweichung vom ursprünglichen Plan – über die Lungen Sauerstoff zusetzte.

Freiliegende Betonoberflächen nahmen CO2 aus der Luft auf, dieses wurde dem Kreislauf entzogen und fehlte dem Pflanzenwuchs.

Und natürlich hat es mächtig gemenschelt: im Inneren bildeten sich schnell zwei Fraktionen mit unterschiedlichem Fokus, einerseits mehr Forschungsprojekte, bei Materialbedarf darf die Isolation kurz unterbrochen werden, andererseits striktestes Festhalten am Isolationsplan.

Aber außen ging es ganz anders zur Sache: Mittelfristig sollte das Projekt profitabel werden, durch Tourismuseinnahmen von Interessierten und durch Technologie-Spinoffs für zB. Ecological engineering für die NASA und für den privaten Sektor, immerhin hatte niemand vorher ein Experiment dieser Größenordnung aufgelegt. Als der Investor Bas seine Erwartungen enttäuscht sah, heuerte er einen New Yorker Investmentbanker an – und zwar Steve Bannon. Der warf die Gründergeneration raus – mit Polizeieinsatz, eine perfekte feindliche Übernahme.

Wie ging es danach weiter: 1995 übernahm die Columbia University das Management. Die intensive Einbindung von Menschen in Isolationsexperimente wurde total gestoppt, das ganze auf established science getrimmt in Experimenten mit verschiedenen CO2-Leveln und deren Wirkung, dies konnte mit der vorhandenen Technik von Biosphere2 sehr gut eingestellt werden. Die Intensive Agriculture Area, die während der 2 closed system Perioden ohne Kunstdünger Top-Ernten erbracht hatten, wurden sang- und klanglos abgebaut und verschwanden mit allen Daten und Erkenntnissen in der Versenkung. 2003 wurde Columbia von Bas verklagt und verlies das Projekt. 2005 wurde das Gelände an eine Development Company verkauft, nur die Finanzkrise 2008 verhinderte wohl den Abriss und die Umwandlung in eine snow-bird Siedlung wie das im Umfeld extrem erfolgreich vermarktete Green Valley.

2011 übernahm die University of Arizona die Besitzrechte an eigentlichen Biosphere2 Gebäudekomplex, das Umland gehört weiterhin der Development Company. Seitdem werden in den Gewächshäusern Studien zur Wechselwirkung von Einflussfaktoren wie Licht, Energie, Wasserhaushalt, Boden mit CO2 etc. pp durchgeführt .. main-stream und etwas langweilig.

Ein unbekannt großer Fundus an Daten aus den closed-system Experimenten wurde nie Wisssenschaftlern zur Verfügung gestellt, mancher spekuliert diese unersetzbaren Daten seien verloren oder zerstört worden, bei der lebhaften Vorgeschichte durchaus denkbar.

Insgesamt eine sehr interessante Besichtigung und Anlass zur Auseinandersetzung mit der Ideengeschichte von ecological system thinking. Absolut empfehlenswert.

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